In diesem Artikel geben wir einen Überblick über den aktuellen Wissensstand zu physiologischen Auswirkungen von Süßstoff auf die Körpergewichtskontrolle und die Glukosehomöostase. Darüber hinaus werfen wir zu Beginn einen Blick auf die Eigenschaften verschiedener bekannter Süßstoffe.
Der Beitrag basiert auf einer aktuellen Studie von Pang et al in die Daten aus 164 Publikationen eingeflossen sind (91).
Berücksichtigt wurden:
- Studien mit gesunden Erwachsenen
- Studien an Erwachsenen mit Übergewicht, Adipositas oder Diabetes
- Studien aus dem Tierversuch für Feststellungen zu denen es bis heute keine aussagefähigen Humanstudien gibt
Nicht berücksichtigt wurden:
- Studien mit Kindern (≤18 Jahre)
- Studien mit Schwangeren
- Studien an Personen mit akuten oder chronischen Krankheiten außer Adipositas und Diabetes
Gängige Süßstoffe – Ein Überblick
Süßstoffe unterscheiden sich sowohl in deren Struktur als auch in deren Verstoffwechslung. Einige Arten werden verdaut oder fermentiert, andere nicht. Beigefügte Darstellung gibt einen Überblick:
Acesulfam-K(alium)
- 200x süßer als Saccharose (1,2)
- Häufige Verwendung (insbesondere für Softdrinks)
- Enthaltenes Kalium beeinflusst körpereigenen Kaliumspiegel nicht
- Keine Metabolisierung (3)
- Vollständige Aufnahme und Verteilung im Körperkreislauf (1,4)
- Schnelle Resorption
- Niedrige Wahrscheinlichkeit das es den Verdauungstrakt erreicht und die Darmflora innerhalb einer normalen ADI-Dosis beeinflusst (5)
- Ausscheidung >99 % innerhalb von 24h nach der Aufnahme über den Urin (1,4)
Saccharin
- 300x süßer als Saccharose (4,5)
- Von der FDA als „sicher“ eingestuft
- Vorkommen in Bindung an Natrium oder Calcium
- Häufiger als Natriumsalz vorzufinden, da man von einer höheren Löslichkeit und Stabilität ausgeht (5)
- Keine Metabolisierung (5)
- ~85-95% werden absorbiert, an Plasmaproteine gebunden und über das Blut verteilt (1)
- Die restlichen 5-15% passieren den Verdauungstrakt vollständig und werden mit dem Stuhlgang ausgeschieden
- Einfluss des nicht absorbierten Anteils auf die Darmflora möglich (1)
Aspartam
- 200x süßer als Saccharose (1)
- Etwa 4 Kalorien pro Gramm
- Die hohe Süßkraft erlaubt eine geringe Gabe und damit auch eine geringe Kalorienaufnahme durch Aspartam verglichen mit Saccharos
- Wird nach der Einnahme im Dünndarm zu Asparaginsäure, Phenylalanin und Methanol abgebaut (6,7)
- Nur die hydrolysierten Komponenten werden in den Blutkreislauf aufgenommen und über ihre normalen Stoffwechselwege metabolisiert (8).
- Methanol wird in der Leber metabolisiert, während Asparaginsäure und Phenylalanin in den freien Aminosäurepool gelangen. Daraufhin werden die Komponenten von peripheren Geweben aufgenommen, für die Proteinsynthese und den Stoffwechsel verwendet oder ausgeschieden
- Schnelle Verdauung
- Kein Einfluss auf Darmflora (1,9)
Sucralose
- 600x süßer als Saccharose
- Kein Brennwert (6,10)
- Auf Grund der chemischen Struktur wird es trotz Ähnlichkeit zu Saccharose nicht von glykosidischen Enzymen erkannt und deshalb nicht verdaut (1)
- Der größte Teil der Sucralose passiert den Magen-Darm-Trakt vollständig und wird direkt mit dem Stuhl ausgeschieden
- Eine kleine Menge (11-27 %) wird absorbiert, in Richtung der Nieren geleitet und mit dem Urin ausgeschieden (11)
- Kann Darmbakterien nicht nähren
- Resistent gegen Fermentation
- Beeinflusst die Darmflora durch bakteriostatische Effekte (12)
Steviolglykosid
- ~100-300x süßer als Saccharose (13)
- Stammen in deren natürlicher, nicht synthetischer Form aus der südamerikanischen Pflanze Stevia rebaudiana (13)
- Können von den im oberen Verdauungstrakt angesiedelten Verdauungsenzymen und Säuren nicht abgebaut werden (1,14)
- Darmbakterien (insbesondere Bacteroides) können Stevioglykoside abbauen (15)
Gängige Süßstoffarten unterscheiden sich grundlegend bereits in deren Struktur, weiter in deren Süßkraft, der Aufnahme, der Verstoffwechslung sowie in den zu erwarten Effekten auf die Darmflora. Wenn in Beiträgen also verallgemeinernd von „Süßstoffen“ die Rede ist, mangelt es diesen an der eigentlich notwendigen Differenzierung.
Bestimmung der Sicherheit von Süßstoff
Um die Sicherheit von Süßstoffen zu bestimmen, berücksichtigt die FDA die wahrscheinliche Aufnahme, kumulative Effekte aus allen Anwendungen sowie toxikologische Daten die aus Tierversuchen vorliegen.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bewertet und bestätigt, dass die Aufnahme von künstlichen Süßstoffen im Rahmen der zulässigen Tagesdosis (ADI) keinen Krebs oder andere gesundheitliche Probleme verursacht und daher für den menschlichen Verzehr sicher ist (16,17).
Der neueste Umbrella-Review (112) zu Effekten von künstlichen Süßstoffen auf die Gesundheit wertete die Ergebnisse mehrerer Übersichtsarbeiten (Kohorten und Fallstudien) aus und kam zunächst zu dem Ergebnis, dass ein hoher Verzehr von Süßstoffen signifikant mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Sterblichkeit, chronisches Nierenversagen, Gesamtsterblichkeit, Übergewicht Typ-II-Diabetes, Bluthochruck sowie Bauchspeicheldrüsenkrebs einhergeht. Insgesamt beschreiben die Forscher die bestehende Datenlage als schwach, suggestiv, bis hoch suggestiv, über zu kurze Dauer angelegt, mit hoher Heterogenität der Vergleichsgruppen und überwiegend bezogen auf die Süßstoffe Acesulfam-K sowie Aspartam. Es mangelt an randomisiert kontrollierten Studien um daraus kausale Effekte abzuleiten. Zudem fehlen Studien im Langzeitmodell die bis dato aufgrund hoher Kosten und mangelhafter Einhaltung langfristiger Maßnahmen nicht durchgeführt wurden.
Süßstoff, Körpergewicht und Adipositas
Süßstoff allgemein
Ein erhöhtes Körpergewicht sowie Adipositas entwickeln in erster Linie unter Bedingungen einer positiven Energiebilanz. Künstliche Süßstoffe und handelsüblicher Zucker unterscheiden sich sowohl im Kaloriengehalt als auch im Stoffwechselgeschehen. Was sagen nun Studien, die die Anwendung beider Süßungsmittel miteinander vergleichen?
Eine Meta-Analyse, basierend auf RCTs, zeigte im direkten Vergleich einer Verwendung von entweder Zucker, Süßstoffe oder Zellulose als Placebo keine Veränderung des Körpergewichts sowohl bei schlanken als auch bei übergewichtigen Personen in einem Zeitraum von über 6 Monaten der Anwendung (18). Auch Azad et al. (19) berichten in deren Meta-Analyse aus länger angelegten RCTs (≥6 Monate) von ausbleibenden Unterschieden aus der Verwendung von künstlichen Süßstoffen verglichen mit Zucker bei Adipösen auf die Gewichtsentwicklung.
Interessanterweise zeigte jedoch eine andere Meta-Analyse von RCTs (4 Wochen bis 40 Monate), dass die Einnahme von künstlichen Süßstoffen bei übergewichtigen und schlanken Personen im Vergleich zu Zucker zu einem reduzierten Körpergewicht führt (20). Auch Rogers et al sprechen sich in deren Meta-Analyse mit 88 involvierten Studien für Vorteile einer Verwendung von Süßstoffen anstelle von Zucker auf die Körpergewichtsentwicklung aus. Die Effekte begründen sich in erster Linie über weniger aufgenommene Kalorien. Zu selbigem Ergebnis kam auch die Meta-Analyse von Lavida-Molina mit 20 inkludierten Studien.(92,93)
183 Arbeiten zur Gewichtsentwicklung unter dem Einfluss von Süßstoffen wurden bei Normand et al ausgewertete mit dem Ergebnis, dass man derzeit keine klare Aussage darüber treffen könne, inwieweit die Verwendung von Süßstoff das Körpergewicht positiv oder negativ beeinflusst. Auffällig bei der Literaturauswertung war jedoch, dass negative Ergebnisse von Süßstoffen auf das Körpergewicht vornehmlich aus Beobachtungsstudien stammen, während positive Effekte eher aus besser kontrollierten RC-Studien stammen (97).
Eine systematische Übersichtsarbeit mit Meta-Analyse (102) aus Mai 2022 befasste sich mit der Frage, wie sich der Ersatz von mit Zucker gesüßten Getränken durch künstlich gesüßte Getränke oder Wasser auf das Körpergewicht und kardiometabolische Risikofaktoren auswirkt. 17 RCT mit insgesamt 1733 Probanden waren involviert. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass und kamen zu dem Schluss, dass der Einsatz kalorienfreier oder kalorienarmer Getränke für zuckergesüßte Getränke mir einer Verbesserung bei Körpergewicht und kardiometabolischen Risikofaktoren einhergeht die mit der eines Ersatzes durch Wasser vergleichbar sind. Von nennenswerten schädigenden Effekten ausgehend von Süßstoffen wurde nicht berichtet.
Eine weitere systematische Übersichtsarbeit mit Meta-Analyse (121) untersuchte die Einflüsse von Stevia und künstlichen Süßstoffen auf Marker wie das Körpergewicht, Fettmasse, Fettfreie Masse, Taillenumfang sowie den BMI. Nach Überprüfung von 20 Studien mit 2158 Probanden stellte sich heraus, dass Süßstoffe einen signifikant reduzierenden Einfluss auf das Körpergewicht, Fettmasse und fettfreie Masse ausüben, während BMI und Taillenumfang nicht signifikant beeinflusst werden.
Harrold et al (124) untersuchten im Rahmen einer insgesamt zwei-jährigen kontrollierten Studie 1 Jahr unterstütztes Gewichtsmanagement und ein nicht unterstütztes zusätzliches Jahr, inwieweit es Unterschiede in der Gewichtsentwicklung mit dem Konsum von einmal Wasser oder künstlich gesüßten Getränken gibt. Binnen der ersten 12 Wochen der Studie mit der Zielsetzung auf aktiven Gewichtsverlust, stellten die Forscher keine signifikanten Unterschiede im Gewichtsverlust zwischen den Gruppen fest. Nach der 40-wöchigen Gewichtserhaltungsphase zeigte sich in der Süßstoff-Gruppe signifikant, allerdings nicht klinisch signifikant mehr Gewichtverlust als in der Wassergruppe.Eine Meta-Analyse von Tobiassen et al (127) wertete 6 randomisiert-kontrollierte Studien mit 1729 Probanden aus um herauszufinden, ob der Wechsel eines bestehenden Konsums zuckergesüßter Getränke auf künstlich oder ungesüßte Getränke nachhaltig in der Lage ist das Körpergewicht zu verändern. Es zeigte sich eine langfristige Reduktion des BMI von 0,31kg/m2 oder anders ausgedrückt 0,5 bis 1kg bei Kindern und Erwachsenen.
Die WHO Empfehlung nicht nutritive Süßstoffe nicht als nicht als Mittel zur Gewichtskontrolle oder zur Verringerung des Risikos nicht übertragbarer Krankheiten zu empfehlen wird in einem Statement von Khanet al (126) kritisiert. Die WHO Empfehlung stütze sich ausschließlich auf Erkenntnisse aus Beobachtungsstudien mit deren methodischen Schwierigkeiten und Grenzen. Neuere Erkenntnisse aus Studien mit strengeren Analysemethoden zeigen Vorteile einer Verwendung nicht nutritiver Süßstoffe für kardiometabolische Marker ohne gleichzeitig einen Schaden nachzuweisen. Die Gesamtheit der verfügbaren Evidenz rechtfertige eine erneute Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der WHO-Empfehlung.
In einer Studie (133) mit 341 übergewichtigen Erwachsenen und 38 übergewichtigen Kindern verbrachten diese zunächst zwei Monate in einem Energiedefizit das es ermöglichte, 5% des Körpergewichts zu reduzieren. Danach wurden alle Probanden über 12 weitere Monate in zwei Gruppen eingeteilt. Gruppe 1 erhielt eine Diät mit weniger als 10% an zugesetztem Zucker aber der Erlaubnis zur Verwendung von Süßstoffen. Gruppe 2 mit derselben Diät, zudem aber einem, Verbot für Süßstoffe. Im Ergebnis nahm die Süßstoff-Gruppe nochmals signifikant mehr Gewicht ab (7,2 statt 5,6kg). Typische Marker für Diabetes oder Herzkreislauf-Erkrankungen unterschieden sich nicht zwischen den Gruppen. Die Süßstoff-Gruppe berichtete nach sechs Monaten von mehr Zufriedenheit beim Essen, besserer Stimmung und einem geringeren Verlangen nach süßen Speisen als dies in der Nicht-Süßstoff-Gruppe messbar war. Auch nach 12 Monaten war das Verlangen nach Süßem in der Nicht-Süßstoff-Gruppe ausgeprägter. Speziell bei den Kindern der Studie verringerten sich nach 12 Monaten in der Süßstoff-Gruppe Anzeichen für unkontrolliertes Essen stärker als in der Nicht-Süßstoff-Gruppe. Die Forscher kommentieren: „Die Verwendung von kalorienarmen Süßstoffen zur Gewichtskontrolle wird zum Teil wegen eines in Beobachtungsstudien festgestellten Zusammenhangs mit Gewichtszunahme in Frage gestellt. Es zeigt sich jedoch zunehmend, dass dies in Langzeitstudien nicht der Fall ist“.
Eine Meta-Analyse aus kontrollierten Studien und Beobachtungsstudien (142) untersuchte dein Einfluss von mit Zucker gesüßten und künstlich gesüßten Getränken auf den BMI von Kindern und Jugendlichen. Während aus Beobachtungsstudien kein klarer Zusammenhang zwischen einer vermehrten Verwendung künstlich gesüßten Getränken anstelle von Zucker gesüßten Getränken vorzeigbar war, stellte man in kontrollierten Studien eine geringere Zunahme des BMI bei Jugendlichen fest, insbesondere bei denen, die bereits übergewichtig waren.
Einzelbetrachtung
Bei der Betrachtung spezifischer Arten von künstlichen Süßstoffen zeigten Meta-Analysen, die auf RCTs basieren, keinen Effekt von Aspartam auf das Körpergewicht verglichen mit Zucker bei Personen mit entweder Adipositas oder Typ 2 Diabetes (21).
In ähnlicher Weise zeigte eine Meta-Analyse, basierend auf RCTs, keinen Effekt von Steviolglykosiden auf den BMI verglichen mit Maisstärke (22). Subgruppenanalysen wiesen signifikante Effekte von Steviolglykosiden auf den BMI weder bei Gesunden noch bei Patienten mit Diabetes nach. Eine Pilotstudie von Raghavan et al (109) untersuchte, wie der Ersatz von Zucker durch Stevia über 90 Tage im Rahmen der ADI-Vorgabe bei übergewichtigen Probanden mit normalen Blutzuckerspiegel oder aber prädiabetischen Probanden das Gewicht und den Taillenumfang, sowie den Blutzucker beeinflusst. Es zeigte sich in der Stevia-Gruppe eine signifikante Reduzierung beim Gewicht und Taillenumfang bei beiden Probandengruppen ohne gleichzeitige signifikante Verbesserung des Langzeitblutzucker.
Die Auswirkungen von Acesulfam-K, Saccharin und Sucralose auf das Körpergewicht sind noch umstritten. Es mangelt an verfügbarer Evidenz.
- Im Tierversuch finden sich mit Verwendung unterschiedlicher Mengen (ADI-konform oder mehr als ADI) Acesulfam-K ebenso unterschiedliche Auswirkungen auf das Körpergewicht in einem Verabreichungszeitraum von 4 bis 8 Wochen (23,24).
- Uneinheitliche Ergebnisse aus dem Tierversuch finden sich auch zu Saccharin. Verglichen mit der Aufnahme anderer Zuckerarten wurden sowohl ein Anstieg, als auch eine Reduzierung des Körpergewichts beobachtet (25-32)). Gerade bei Saccharin ist wichtig anzumerken, dass die Absorption bei Nagetieren ph-bedingt anders ausfällt als beim Menschen (30).
- Eine der wenigen Humanstudien mit Verwendung von Saccharin kommt bei übergewichtigen und fettleibigen Personen zu einem neutralen Ergebnis in Hinblick auf das Körpergewicht binnen 12 Wochen (33).
- Sucralose scheint nach aktuellem Kenntnisstand sowohl bei Mäusen als auch am Menschen keine Auswirkungen auf das Körpergewicht zu haben (34,23,26,35)
Insgesamt kann man die verfügbare Literatur zu Veränderungen des Körpergewichts mit Aufnahme von Süßstoffen noch als äußerst lückenhaft bezeichnen. Es mangelt an Daten aus Humanstudien allgemein, sowie zu längeren Verabreichungszeiträumen wie sie im Alltag Gang und Gäbe sind.
Süßstoff und Appetit
Das Belohnungssystem spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung der Energieaufnahme (36,37). Die Bindungsstellen der Süßgeschmacksrezeptoren sind für künstliche Süßstoffe und natürliche Zucker unterschiedlich (38). Nach der Aufnahme von natürlichem Zucker oder künstlichen Süßstoffen wird die Geschmacksinformation von Süßrezeptoren wahrgenommen. Süßstoffe senden jedoch wesentlich geringere Signale an Hirnareale für Belohnung und Zufriedenheit. Auch zeigte sich bei Süßstoffen eine schwächere Sekretion typischer Signalgeber für Hunger und Sättigung wie GLP-1, PYY und GIP. Dies begründet sich über die Tatsache, dass die Ausschüttung besagter Hormone nährstoffabhängig stattfindet (39,40,41)).
- Aspartam wird verdaut und absorbiert, bevor es den unteren Verdauungstrakt erreicht. Dies schließt eine Anbindung an Rezeptoren für süßen Geschmack aus.
- Acesulfam-K, Sucralose, Steviolglycosid und Saccharin passieren den unteren Verdauungstrakt um absorbiert, verdaut oder direkt ausgeschieden zu werden. Studien an Mäusen sowie an schlanken und fettleibigen Personen stellten keine signifikanten Auswirkungen von auf die Inkretinsekretion fest (39,42,43,44-46,47,48). Es handelt sich hierbei um ein Peptidhormon aus dem Dünndarm welches das Blutzuckergleichgewicht beeinflusst.
- Zwei Human-Studien fanden in der Vergangenheit keinen Effekt von mit Sucralose oder Aspartam gesüßter Cola auf den Appetit gesunder oder fettleibiger Personen (42,45).
- Aspartam und Sucralose hat man bei gesunden Personen bereits schwächere Signalwirkung an das Belohnungs- und Zufriedenheitszentrum nachgewiesen. Ein Umstand der nahelegt, dass es auch hier eines energetischen Gegenwerts für die Auslösung hypothalamischer Reaktionen bedarf (49,50).
- Eine Aspartam & Acesulfam-K Kombi wurde in Hinblick auf Veränderungen des Appetitverhaltes in der Meta-Analyse von Mehat et al (101) untersucht, mit dem Ergebnis, dass man verglichen mit der Verwendung von Zucker und sogar Wasser eine Verringerungen der Kalorienaufnahme bei den Probanden nachweisen kann, die sich aber nicht eindeutig auf Veränderungen bei Inkretinen oder aber den Blutzucker zurückführen lassen, weshalb hier weitere Forschung betrieben werden muss.
- Eine Meta-Analyse aus kontrollierten Studien kommt zu dem Ergebnis, dass von künstlichen Süßstoffen keine signifikante Beeinflussung des Leptinaufkommens ausgeht (121).
- Cogan & Cooper (131) untersuchen Effekte auf klassische Signalgeber von Hunger und Sättigung sowie auf die Energieaufnahme mit zwei minütigem Mundspülen unterschiedlicher Lösungen aus Wasser, Saccharose, Sucralose oder Maltodextrin. Es zeigte sich lediglich bei Erwachsenen mit einem BMI von 18,5-24,9 eine erhöhte CCK-Freisetzung ausgehend von Sucralose. Sucralose sorgte nicht für eine erhöhte Energieaufnahme aus einer Buffetmahlzeit nach dem Test. Verglichen mit Wasser erhöhte es bei Probanden mit einem BMI ab 30 sogar das Sättigungsempfinden nach der Mahlzeit.
- Gibbions et al (132) publizierten im Lancet Magazin eine Studie die unter Verwendung von Zucker, Stevia oder Neotan eingearbeitet in Keksen über eine Anwendungsdauer von jeweils zwei Wochen feststellte, dass zwischen Zucker und Süßstoff-Alternativen subjektiv und endokrin keine Unterschiede in der Appetit-Reaktion bestehen. Was die Forscher aber feststellten, waren reduzierte Blutzucker- und Insulinwerte im Süßstoff-Versuch verglichen mit Zucker. In einem Kommentar zur Studie heißt es: „Unsere Studie liefert entscheidende Beweise, die den täglichen Gebrauch von Süßstoffen und Süßkraftverstärkern zur Kontrolle von Körpergewicht und Blutzucker unterstützen.“
Süßstoffe stimulieren nicht auf dieselbe Art und Weise das Belohnungssystem wie dies bei Zucker der Fall ist. Der Süßstoff-Effekt fällt mangels enthaltener Nährstoffe geringer aus. Dieser Umstand rechtfertigt die Annahme, dass Süßstoffe nicht auf dieselbe Art und Weise über das Belohnungssystem Appetit stimulieren.
Süßstoff und Energiezufuhr
Unter dem Aspekt mangelnder Sättigung ausgehend von Süßstoffverzehr könnte man annehmen, dass künstliche Süßstoffe den evolutionären Gedanken der Nahrungssuche verstärken und damit verglichen mit der Aufnahme von Zucker zu entweder vergleichbarer oder sogar erhöhter Energiezufuhr beitragen.
Tatsächlich zeigen Studien, dass eine geringere Sättigung nicht unbedingt eine kompensatorische (übermäßige) Energiezufuhr zur Folge hat (51-54). Kontrollierte Studien zeigen, dass die reduzierte Kalorienaufnahme durch den Ersatz von natürlichen Zuckern durch Süßstoffe insgesamt nicht vollständig kompensiert wird (55,56). Wer Zucker durch Süßstoff ersetzt führt damit unterm Strich insgesamt weniger Kalorien zu, selbst wenn man einen gewissen kompensatorischen Effekt mit kalkuliert. Dies wurde sowohl bei normalgewichtigen als auch bei übergewichtigen Personen festgestellt (18,57).
Eine Meta-Analyse (105) befasste sich mit der Auswirkung unterschiedlichster Süßstoff-Verabreichungen und -Kombinationen aus 36 Studien. Mit dem Verzehr künstlich gesüßter Getränke konnte weder einzeln, noch gemischt mit anderen Lebensmitteln eine signifikante Veränderung bei postprandialer Glukose, Insulin, GLP-1, GIP, PYY, Ghrelin oder Glukagon festgestellt werden. Die Reaktion wurde mit der verglichen wie sie mir der Verabreichung von Wasser eintritt.
Wer Zucker durch Süßstoffe ersetzt wird damit insgesamt Kalorien sparen!
Süßstoff und Adipogenese
Süßgeschmacksrezeptoren finden sich in etlichen Organen und sogar im Fettgewebe (58). Nicht alle Süßstoffe gelangen jedoch ins Fettgewebe, da nicht alle in den Körperkreislauf aufgenommen werden. Die Rezeptorik für süßen Geschmack im Fettgewebe unterscheidet sich zudem von der Rezeptorik wie wir sie im Verdauungstrakt vorfinden (59).
In-vitro Versuche befassen sich mit der Vermutung, Saccharin könne eine erhöhte Adipogenese (Fettzellneubildung) sowie eine reduzierte Lipolyse (Ausschleusen von Fettsäuren aus den Fettzellen) begünstigen (58). Auch Acesulfam-K soll die Adipogenese stimulieren. An der Zellkultur hatte man die Versuche jedoch mit höheren Saccharin- und Acesulfam-Konzentrationen durchgeführt wie sie beim Menschen üblicherweise zu erwarten sind, selbst bei maximaler Aufnahme (58). Ebenfalls in vitro stellt man in Verbindung mit Sucralose bereits eine erhöhte Fettakkumulation sowie die Hochregulierung von Genen fest die für Adipogenese zuständig sind (60). Auf der anderen Seite stellten Masubuchiet al. (59) bereits eine reduzierte Adipogenese durch die Stimulierung von Zellkulturen mit Saccharin oder Sucralose fest (59).
Neuere Ergebnisse aus Beobachtungsstudien stellen mit der Langzeitverwendung (hier 25 Jahre Beobachtungszeitraum) von Süßstoffen (Aspartam, Saccharin) oder Diätlimonade ein erhöhtes Aufkommen von viszeralem Fett, intramuskulärem Fett und subkutanem Fett unabhängig der Gesamtkalorienzufuhr, oder Qualität der Ernährung fest. Für Sucralose konnte ein solcher Zusammenhang nicht hergestellt werden (119).
Das Gegenstück der Adipogenese ist die Fettoxidation. Diese fällt beim Verzehr kalorienfreie oder kalorienarm gesüßter Speisen und Getränke höher aus als bei kalorischen Süßungsvarianten (122).
Der Einfluss von Süßstoffen auf die Adipogenese gilt zum aktuellen Zeitpunkt noch als unzureichend erforscht um haltbare praxisrelevante Thesen in diese Richtung aufzustellen.
Süßstoff und Veränderungen der Darmflora
Die Darmflora (Darmmikrobiota) gilt als Bindeglied zu vielen Aspekten der menschlichen Gesundheit (61). Neben der Beteiligung an der Fermentierung unverdaulicher Nahrungsbestandteile scheint sie eng mit dem Stoffwechsel, dem Energiehaushalt, dem Immunsystem sowie der Gehirnaktivität verbunden zu sein (62). Ein wichtiger modifizierender Faktor, der die Zusammensetzung der Mikrobiota und damit die allgemeine Gesundheit beeinflusst, ist die Ernährung (63). Künstliche Süßstoffe können die Zusammensetzung der Darmmikrobiota verändern. Humanstudien mit relevanten Ergebnissen zu diesem Thema sind allerdings rar:
- In einer Querschnittsstudie mit krankhaft fettleibigen Personen stelle eine Darmmikrobiotika-Analyse eine erhöhte Darmmikrobiotika-Dysbiose sowie ein erhöhtes Firmicutes:Bacteroidetes-Verhältnis fest. Es fand keine differenzierte Betrachtung des Begriffs „Süßstoffe“ statt (64).
- Eine weitere Querschnittsstudie stellte keinen Zusammenhang zwischen Aspartam- oder Acesulfam-K-Konsum und Bakterienhäufigkeitsprofilen fest. Was sich jedoch verglichen mit Nicht-Konsumenten unterschied war die bakterielle Diversität, also die Anzahl festgestellter unterschiedlicher Bakterien (65).
- Nach Suez et al. (27) seien Süßstoffe in der Lage eine Glukoseintoleranz bei Mäusen und verschiedenen menschlichen Untergruppen durch Veränderung des Darmmikrobioms herbeizuführen. Festgestellt wurde dies in einem Versuch mit 7 Probanden. 4 davon waren Responder, 3 davon waren Non-Responder bei denen sich keine Veränderungen einstellten.
- Suez et al (100) verglichen in einer Kohorte von 120 Personen die Auswirkungen unterschiedlicher Süßstoffe (Aspartam, Stevia, Sucralose) in Mengen unter ADI mit Zucker und einer Kontrollgruppe auf die Darmflora. Sie stellten bei allen „süßen Gruppen“ maßgebliche Veränderungen im Mikrobiom sowie in Molekülen fest, die ausgehend von der Darmflora ins periphere Blut abgegeben werden. Was dies für Auswirkungen hat ist weitestgehend unbekannt. Zwar konnte neben gewöhnlichem Zucker auch bei Sucralose eine veränderte glykämische Reaktion festgestellt werden. Die tatsächlichen Auswirkungen variierten jedoch sehr individuell von Proband zu Proband. Bei Aspartam und Stevia konnte trotz Veränderungen der Darmmikrobiotika keine signifikant unterschiedliche glykämische Reaktion verglichen mit der Kontrollgruppe festgestellt werden.
In Zellkultur- und Tierstudien konnten bis dato diese Effekte zusammengetragen werden:
- Erhöhtes Firmicutes : Bacteroidetes-Verhältnis mit 11 Wochen Saccharin (27)
- Veränderung der Darmflora durch Verabreichung von Saccharin (35,66)
- Beeinflussung der Darmflora durch sich im Dickdarm anreichernde Sucralose (23,26,35)
- Vornehmlich dosisbezogen (unter oder über ADI) uneinheitliche Effekte auf die Darmflorazusammensetzung ausgehend von Acesulfam-K nach 4 bis 8 Wochen Verabreichung (9,83,84).
- Effekte von Acesulfam-K in Mengen innerhalb der normalen ADI-Dosis gelten als unwahrscheinlich (63).
- Kein Einfluss von Aspartam auf die Darmflora. Es wird verdaut und in Restkomponenten zerlegt wird, bevor es in den unteren Verdauungstrakt erreicht (1)
- Unterschiedliche Ergebnisse mit Steviolglykosiden die direkt mit der Mikrobiota in Kontakt kommen um fermentiert zu werden. In vivo und im Tiermodell kam es mit Verabreichung von 2 bis 3mg/kg/kg bereits zu Veränderungen der Darmmikrobiotika (15,35,67,68,69)
- Pathogene Reaktionen in-vitro unter dem Einfluss von Neotam bei E. coli (Escherichia coli) und E. faecalis (Enterococcus faecalis) (138)
Tiwaskar & Mohan (98) geben an, dass tägliche Konsum von Aspartam oder Sucralose in typischerweise hohen Verzehrmengen nur minimale Auswirkungen auf die Darmflora oder die Produktion kurzkettiger Fettsäuren beim Menschen hat. Die Datenlage aus dem Humanbereich gilt insgesamt als nur begrenzt und nicht ausreichend um klare Schlüsse einer negativen Beeinflussung der Darmflora ausgehend von Süßstoffen zu untermauern.
Conz et al (108) befassten sich ausführlich mit dem Einfluss unterschiedlicher Süßstoffe auf die Darmflora. Es besteht die Möglichkeit, dass geringe Mengen bestimmter Varianten in den Darm gelangen, dort von der Mikrobiotika verstoffwechselt werden und in diesem Zusammenhang eine Reihe biologischer Wirkungen hervorrufen können (siehe Darstellung unten). Zu nennen wäre eine veränderte Produktion kurzkettiger Fettsäuren, ein Einfluss auf die Glukosehomöostase oder aber eine Verringerung nützlicher Bakterien bei gleichzeitig erhöhtem Aufkommen pathogener Bakterien. Dies kann sich wiederum auf die Wahrscheinlichkeit vermehrter Entzündungen und Infektionen auswirken. Groß geschrieben werden muss in diesem Zusammenhang der Begriff POTENZIELL. Widersprüchliche Ergebnisse aus Studien, fehlende Daten aus Humanstudien sowie aus klinischen Studien sowie ein unbekannter Einfluss in Zusammenspiel mit anderen Lifestyle-Faktoren rechtfertigen Stand heute noch keine klare Aussage, wie genau und ab welcher Menge welcher Süßstoff bei einem Individuum zu einer besorgniserregenden Veränderung der Darmflora beiträgt.
Ein Umbrella-Review aus Kohorten- und Fallstudien (112) stellt fest, dass der Einfluss von Sucralose auf die menschliche Darmflora führt in Studien zu unterschiedlichen Ergebnissen führt. Klinische Studien (113,114) berichten über ausbleibende Auswirkungen von Sucralose auf die Bakterienbesiedelung. Eine andere Studie (115) wertete mit einer Dosierung von 48mg Sucralose, verabreicht über 10 Wochen an 20 Probanden, einen dreifachen Anstieg von Firmicutes-Bakterien bei gleichzeitiger Abnahme von Bakterien der Gattung Laktobacillus aus. Man vermutet eine glockenförmige Dosis-Wirkung-Beziehung. Eine randomisierte klinische Studie an Übergewichtigen (116) stellt mit dem Einsatz von Sucralose als Ersatz für Zucker binnen 12 Wochen eine signifikante Verringerung des Taillenumfangs, des Nüchtern- und Langzeitblutzuckers, des HDL/LDL-Verhältnisses sowie des viszeralen Adipositas Index fest. Spannende Nebenbeobachtung war, dass Sucralose selbst im Plasma der Teilnehmer nicht nachgewiesen werden konnte was darauf hindeutet, dass es nicht systematisch absorbiert wird.
Eine Übersichtsarbeit bestehender klinischer Studien gibt es von Gauthier et al (128). Beschrieben wird einerseits, dass es erst sehr wenige klinische Humanstudien zu diesem Thema gibt, dass die Ergebnisse heterogen ausfallen und dass es stark von der Beschaffenheit der Darmflora zu Beginn einer Studie abhängt, wie diese durch Süßstoffe beeinflusst wird. Zwei von fünf klinische Studien berichten von Veränderungen der Zusammensetzung Darmflora mit Verwendung von Süßstoffen (Saccharin, Sucralose, Aspartam, Stevia). Aus diesen Untersuchungen geht die Vermutung hervor, Saccharin und Sucralose könnten die glykämische Toleranz beeinträchtigen. Es ist die Rede von erheblichen Bedarf weiterführender Forschung.
Hosseini et al (129) untersuchten den Einfluss von entweder Nicht-Aspartam-Süßstoffen (NANS), Aspartam oder einer Kontrollgruppe auf mehrere Marker des Darmtraktes. Es zeigen sich unterschiedliche Auswirkungen in Abhängigkeit des verwendeten Süßstoffs einmal auf die Alpha-Diversität der Mikroflora, im Aufkommen an pathogenen Keimen wie Klebsiella, Salmonella oder Escherichia sowie bei im Blut messbaren Entzündungsmarkern. Veranschaulicht werden die Studienergebnisse im beigefügten Chart.
Stevia
Speziell mit dem Einfluss von Stevia auf die Darmflora befasste sich ein Review von Kasti et al (123). Es zeigen sich unterschiedliche, einmal positive und einmal negative Effekte aus in-vivo und in-vitro Modellen. Man geht davon aus, dass Stevia die Mikroumgebung des Dickdarmes verändern kann. Es bestehen vielversprechende Ergebnisse hinsichtlich eines potenziellen Nutzens für die Modulation der Darmflora mitunter zum Schutz vor entzündlichen Prozessen und einer Dysbiose, allerdings weisen die bestehenden Studien mehrere Störfaktoren auf. Ein Gravierender ist der, dass die verwendeten Mengen meist unter dem ADI-Wert liegen. Ein weiterer ist der, dass weder Zellversuche noch Tierstudien auf den Menschen übertragbar sind wenn es darum geht, Effekte auf die Darmflora zu ergründen.
Singh et al (130) untersuchten an gesunden Probanden wie sich ein regelmäßiger Stevia-Konsum über einen Zeitraum von 12 Wochen auf die menschliche Darmmikrobiotika auswirkt. Im Aufbau einer Stevia- und einer Kontrollgruppe fand sich in Stuhlproben der Probanden kein signifikanter Unterschied in der Alpha- und Beta-Diversität, ein gewisser Unterschied in der bakteriellen Zusammensetzung, insgesamt aber kein signifikanter Einfluss von Stevia auf die Darmmikrobiotika.
Kwok et al (134) untersuchten ebenfalls an gesunden Probanden wie sich die Einnahme von Stevia in einer Menge von 25% des ADI-Werts auf die Darmflora auswirkt. Es fanden sich keine signifikanten Auswirkungen auf das Profil der menschlichen Mikrobiotika, die Produktion kurzkettiger Fettsäuren sowie verschiedene glykämische, kardiometabolische Marker oder die Körperzusammensetzung. Verglichen mit einer Sucralose-Gruppe zeigte sich eine leichte Verbesserung des BMI. Die Forscher sehen in Steviaglykosiden eine nützliche Alternative zum Ersatz von Zucker ohne dabei die menschliche Darmflora zu beeinflussen.
Es ist weitere Forschung erforderlich um die Rolle von Stevia auf des menschliche Darmmikrobion zu ergründen.
Süßstoffe verhalten sich nicht gänzlich neutral in Hinblick auf die Darmflora. Was genau man als regelmäßiger Verwender von Süßstoffen an Auswirkungen zu erwarten hat ist derzeit noch nicht hinreichend geklärt, es wird aber fleißig auf diesem Feld geforscht. Fest steht, dass die echten Einflüsse von Süßstoffen einerseits vom Süßstoff selbst abhängen. Sie unterliegen zudem einer gewissen Varianz in Abhängigkeit der spezifischen Darmmikrobiotika eines Individuums was übergreifende Schlussfolgerungen stand heute stark erschwert. Am vielversprechendsten erscheint in Hinblick auf neutrale oder sogar positive Veränderungen der Darmflora derzeit ein Einsatz von Stevia.
Süßstoff und Glukosehomöostase
Ersetzt man Zucker durch Süßstoffe, reduziert dies die Glukoseabsorption aus verfügbaren Kohlenhydraten. Dies führt jedoch nicht unbedingt zu einer verbesserten Glukosehomöostase. Es besteht die Gefahr, dass Veränderungen des intestinalen Glukosetransports und der Glukoseabsorption eine Insulinresistenz sowie eine verringerte Insulinsekretionskapazität verursachen. Dies würde die Glukosehomöostase stören. Der potenzielle Mechanismus wird in beigefügter Darstellung erläutert.
Ergebnisse aus systemischen Reviews und Meta-Analysen die hierzu durchgeführt wurden sind uneinheitlich.
- Daher et al. berichteten, dass die Mehrheit der systemischen Reviews und Meta-Analysen, die auf RCTs oder prospektiven Kohortenstudien bei gesunden Personen basieren, keine schlüssigen Beweise dafür lieferten, dass künstliche Süßstoffe das Risiko für Diabetes Typ II erhöhen. Weder bei Gesunden noch bei Patienten mit Diabetes zeige sich ein signifikanter Effekt von Süßstoffen auf die Glukosehomöostase (70).
- Es finden sich auch systematische Übersichten und Meta-Analysen, die auf prospektiven Kohortenstudien mit gesunden Personen basieren und sehr wohl eine positive Assoziation zwischen dem Verzehr von Süßstoffen und dem Diabetes Typ II Risiko feststellen und zwar unabhängig vom BMI (70). Wehmutstropfen ist hier der rein „prospektive“ Charakter der involvierten Studien der Ungereimtheiten in Hinblick auf das Ergebnis zulässt.
- Auf der anderen Seite zeigt die verfügbare Evidenz aus systematischen Reviews und Meta-Analysen nicht konsistent, dass künstliche Süßstoffe das Risiko für Diabetes Typ II helfen zu reduzieren.
Eine neue Meta-Analyse (107) untersuchte primär, ob sich Süßstoffe binnen 2 Stunden nach Verabreichung auf den Blutzuckerspiegel auswirken. Weiter wurden Veränderungen bei Insulin, GLIP-1, GIP, PYY, Ghrelin, Leptin und Glukagon ausgewertet. 36 Studien mit 472 überwiegend gesunden Probanden und einer Vielzahl an verwendeten Süßstoffen (einzeln oder gemischt) kamen zu dem Ergebnis, dass es nach Einnahme von künstlich gesüßten Getränken weder metabolisch noch endokrin zu einer Reaktion kommt. Künstlich gesüßte Getränke verhalten sich vergleichbar mit Wasser.
Einzelbetrachtung von Süßstoffvarianten
- Aspartam scheint die Glukosehomöostase nicht zu beeinflussen. Effekte auf den Glukosespiegel und Langzeitblutzucker bleiben auch nach längerfristiger Anwendung von Aspartam aus (39,42,71-78)
- Steviolglycoside scheinen die Glukosehomöostase ebenfalls nicht zu beeinflussen. So zeigt es eine Meta-Analyse aus Langzeit-RCTs in Hinblick auf den Glukosespiegel und den Langzeitblutzuckerspiegel bei Gesunden sowie bei Diabetikern (22)
- Auch mit Sachharin und Acesulfam-K konnte kein akuter Einfluss auf den Blutzuckerspiegel festgestellt werden, weder bei Gesunden noch bei Diabetikern (39,71)
- Sucralose beeinflusst weder den Blutzucker noch den Langzeitblutzuckerspiegel bei Gesunden oder Diabetikern (39,43,74,44-46,79). Sucralose verringerte in Studien jedoch die Insulinsensitivität, wenn es zusammen mit Kohlenhydraten eingenommen wird, hier also VORSICHT in der Praxis (80,75,81). Die oben bereits zitierte Studie von Suez et al (100) stellte mit Verwendung von gewöhnlichem Zucker sowie Sucralose in Mengen unter ADI Veränderungen des Mikrobioms fest, die mit einer veränderten Glukosetoleranz korrelierten. Insgesamt traten die tatsächlichen Veränderungen von Proband zu Proband jedoch sehr unterschiedlich auf.
- In der bereits vorgestellten Studien von Gibbens et al (132) zeigten sich insbesondere mit Stevia gesüßten Keksen neben einer niedrigeren Insulinausschüttung zudem verringerte Glukosespiegel. Da dies auch nach wiederholter Aufnahme messbar war, sehen die Forscher darin einen Vorteil für die Blutzuckerkontrolle.
- Eine Meta-Analyse (140) aus 26 Studien mit 31 Effektstärken stellt in Verbindung mit der Verwendung von Stevia ab 334mg pro Tag über 1 bis 4 Monate eine signifikante Senkung des Blutzuckerspiegels fest. Dieser Effekt trat auf, ohne eine gleichzeitige signifikante Veränderungen von HbA1C und Insulin herbeizuführen. Besonders zeigte sich die Blutzuckersenkung bei Personen mit erhöhtem BMI, Diabetes und Bluthochdruck.
Zum aktuellen Zeitpunkt erscheint es unter dem Aspekt der Beeinflussung von Blutzucker, samt der damit verbundenen Krankheiten, insgesamt klüger sich Süße über Süßstoffe anstelle von Zucker zu verschaffen. Ein gewissen Vorteil zur Glukoseregulierung zeigt sich mit Verwendung von Stevia.
Süßstoff und Insulinausschüttung
Die Aufnahme von Nährstoffen ist mit einer Vielzahl von sensorischen Reizen verbunden, die es dem menschlichen Körper ermöglichen, sich auf die metabolische Verdauung und Verwertung vorzubereiten. Die Exposition gegenüber süß schmeckenden Zuckern löst bereits vor der Einnahme physiologische Reaktionen aus, die mit der Freisetzung von Insulin oder Inkretin verbunden sind. Es wird das Ziel verfolgt, den Blutzuckerspiegel schnell auf Normalniveau zu senken bzw. dort zu halten.
Süßstoffe bereiten den Verdauungstrakt nicht auf dieselbe Art und Weise auf die Verdauung und Verwertung von Nährstoffen vor wie dies bei Zucker der Fall ist (49,82).
- Smeets und Kollegen (90) zeigten an gesunden Probanden, dass die Aufnahme von Aspartam keine kephale Insulinantwort zur Folge hat, während bei Glukose ein früher Anstieg der Insulinkonzentration festgestellt wird.
- Ebenso wurde dies bereits für Sucralose festgestellt (45)
- Die Mehrzahl (nicht alle) kontrollierter Studien zeigt auch bei Sucralose weder mit oraler noch intravenöser Verabreichung einen signifikanten Effekt auf den zirkulierenden Insulinspiegel (33,34,43,44,45,83).
- Akute und längerfristige (12-16 Wochen) Studien zeigen keine Auswirkungen von Saccharin, Acesulfam-K, Steviolglycosid oder Aspartam auf den Insulinspiegel bei gesunden, diabetischen, übergewichtigen oder fettleibigen Personen (33,39,42,71-73,76,84-86).
Während natürliche Zucker in der Lage sind, die Sekretion von Inkretinen zu stimulieren und damit die β-Zellen der Bauchspeicheldrüse zur Insulinsekretion anzuregen, induzieren künstliche Süßstoffe die Inkretinsekretion nicht direkt, da dieser Mechanismus nährstoffabhängig zu sein scheint (39,40,41,87).
Insgesamt deutet die aktuell verfügbare Literatur darauf hin, dass künstliche Süßstoffe den Insulinspiegel nicht signifikant beeinflussen.
Süßstoff und Insulinresistenz
Insulinresistenz ist ein wichtiger Faktor in der Entstehung von Diabetes Typ II. Auch entzündliche Vorgänge sind in diese Entwicklung involviert (88). An Nagetieren sorgte die Süßstoff vermittelte Dysbiose der Darmflora bereits für die Entwicklung überschwellig-entzündlicher Zustände die eine Insulinresistenz und weiter Diabetes Typ II fördern können (27,66,89). Etliches Thesen die hierzu bereits im Tiermodell zu unterschiedlichen Süßstoffen untersucht wurden findet aktuell noch keinerlei Bestätigung in Humanstudien. Wer sich für den genauen Kenntnisstand interessiert ist aufgerufen die Originalarbeit von Pang et al zu sichten.
Inwieweit die Aufnahme von Süßstoffen bzw. vielmehr einzelner Süßstoffe in üblichen Mengen am Menschen Insulinresistenz und/oder das Auftreten entzündlicher Vorgänge fördert ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht untersucht.
Süßstoff und Krebs
Eine neue Studie von Landrigan & Straif (94) thematisiert einen Zusammenhang zwischen der Verwendung von Aspartam und Krebs. Zunächst lässt sich sagen, dass das Allermeiste an verfügbarer Literatur hierzu bis zum heutigen Tage aus dem Tiermodell stammt. Lediglich zwei Humanstudien (Beobachtungsstudien) befassten sich mit der Krebswahrscheinlichkeit unter dem Einfluss von Aspartam. Bei Studie 1 von Lim et al (95) ist die Rede von ausbleibenden karzinogene Effekten. Studie 2 von Schernhammer et al (96) sieht es anders und bescheinigt dosisabhängig eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit auf bestimmte Krebsarten durch Aspartam. Daten aus Nagermodellen bescheinigen Aspartam die Eigenschaft als Karzinogen ab einer Dosis von 100mg/kg/kg. Nun muss man wissen, dass 100mg/kg/kg bei Nagern nicht gleich 100mg/kg/kg beim Menschen entsprechen. Umgerechnet läge den Daten aus dem Tiermodell zur Folge der Risikobereich beim Menschen bereits 8 bis 16mg/kg/kg. Für eine 80kg schwere Person bedeutet dies umgerechnet 640 bis 1280mg Aspartam oder anders ausgedrückt eine Menge von ca. 4,9 bis 12,8l Cola Zero täglich. Eine schwer vorstellbare Menge und dennoch gibt der als sicher eingestufte ADI-Wert von Aspartam vielleicht Grund zur Besorgnis. Er liegt derzeit bei 40mg/kg/kg und damit weit über den via Tierstudien feststellten kritischen Mengen ab 8 bis 16mg/kg/kg. Die American Cancer Society stellte 2020 fest das: „all NNSs appear to be safe when consumed in moderation.” (99) Eine Studie von Soffritti (141) ruft zu Bedenken in Hinblick auf Aspartam als krebserregende Substanz auf. Angesichts der Kontroverse um die Zuverlässigkeit bisheriger Studien begann 1997 ein umfangreiches Projekt experimenteller Studien zur Bewertung der Karzinogenität von Aspartam unter Verwendung eines empfindlicheren experimentellen Modells, das sich durch 1) eine große Anzahl von Tieren, 2) eine Exposition ab der pränatalen Phase und 3) eine lebenslange Dauer der Exposition und Beobachtung auszeichnet. Die Ergebnisse der durchgeführten Studien haben gezeigt, dass Aspartam ein speziesübergreifender krebserregender Stoff ist und diesbezüglich neu zu bewerten sei.
Eine Studie von Pavanello et al (106) untersuchte Süßstoffe ausgiebig auf deren Gentoxizität und Karzinogenität und kommt zu dem Schluss, dass es keine schlüssigen Beweise für ein erhöhtes Krebsrisiko gibt, die es rechtfertigen würden von einer Verwendung abzuraten.
Palomar-Cros et al (118) untersuchen den Einsatz von Süßstoffen wie Aspartam, Cyclamat, Saccharin oder Sucralose auf die Krebswahrscheinlichkeit in einer spanischen Kohorte. Insgesamt wurden keine Zusammenhänge zwischen dem Krebsrisiko und dem Konsum von Aspartam sowie anderer künstlicher Süßstoffe festgestellt. Für Personen mit Diabetes werteten die Forscher mit einem hohen Süßstoff-Konsum ein erhöhtes Risiko für verschiedene Krebsarten aus.
Eine systematische Übersichtsarbeit mit Meta-Analyse aus Beobachtungsstudien untersuchte Zusammenhänge zwischen Süßungsmitteln und Gebärmutterkrebs. Es konnte gezeigt werden, dass vom Verzehr kalorienreicher Süßungsmitteln (Sucrose, Glukose) ein erhöhtes Risiko für Gebärmutterkrebs ausgehen kann, während eine solche Beziehung nicht für kalorienfreie Süßstoffe (Saccharin, Aspartam) gezeigt werden konnte (120).
Die WHO bzw, die IARC (International Agency for Research on Cancer) entschlossen sich dazu, Aspartam als „möglicherweise krebserregend für den Menschen“ (IARC-Gruppe 2B) einzustufen. Der gemeinsame Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe (JEFCA) bestätigt in diesem Zusammenhang eine zulässige Tagesdosis von 40mg/kgkg (117). Die Einstufung der Beweiskraft in Gruppe 2B wird verwendet, wenn es begrenzte, nicht überzeugende Hinweise für eine Substanz gibt, die Krebswahrscheinlichkeit zu beeinflussen. IARC-Klassifizierungen spiegeln die Stärke der wissenschaftlichen Beweise dafür wider, ob ein Stoff beim Menschen Krebs verursachen kann. Sie zeigen nicht auf, ab welcher Expositionsmenge ein erhöhtes Risiko besteht Krebs zu entwickeln. Eine als weiterhin sicher ausgewiesene Menge von 40mg/kgkg entspräche bei einer 70kg Person einer Aufnahme von 9 bis 14 Dosen eines Aspartam haltigen Softdrinks pro Tag. Insgesamt gelten die Beweise für einen Zusammenhang zwischen Aspartam-Konsum und Krebs beim Menschen als nicht überzeugend.
Eine ausführliche Übersichtsarbeit (125) befasste sich mit dem Einfluss natürlicher und künstlicher Süßungs-Alternativen auf Krebsarten des Verdauungstraktes . Sie zeigt, dass diese weder weder genotoxisch, noch karzinogen und sicher sind, sofern sie in Maßen konsumiert werden. Untersucht wurden bei künstlichen Süßungsmitteln Saccharin und Sucralose, während man Aspartam der insgesamt mangelhaften Datenlage wegen nicht in die Datenerhebung eingeschlossen hat. Am Ende heißt es:
„Auf der Grundlage der bisher vorliegenden Ergebnisse stellt der maßvolle Konsum von Süßungsmitteln eine Alternative zum Verzehr von raffiniertem Zucker dar. Außerdem ist die Verwendung von Süßungsmitteln sicher und hat einen positiven Einfluss auf die Entstehung und das Fortschreiten von Krebs.“
Jin et al (135) untersuchten den Einsatz von Süßstoffen in Hinblick auf das Auftreten Übergewichts bedingter Krebsarten und kommen zu dem Ergebnis, dass kein kausaler Zusammenhang zwischen dem Konsum und der Mehrheit Übergewichts bedingter Krebsarten, Darmkrebs und Brustkrebs besteht.
Die Datenlage zu Süßstoffen als krebserregende Substanzen lässt keine endgültigen Schlüsse zu!
Süßstoff und Lebergesundheit
Eine systematische Übersichtarbeit mit Meta-Analyse aus RC Studien (103) befasste sich mit dem Einfluss von Süßstoffen auf die Lebergesundheit und stellt keine signifikante Beeinflussung von Leberenzymen unter Süßstoffverwendern verglichen mit Kontrollgruppen fest.
Süßstoff und Nierengesundheit
Die National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) ist eine statistische Erhebung und Forschungsprogramm des National Center for Health Statistics in den USA. Sie erhebt den Ernährungs- und Gesundheitszustand von Kindern und Erwachsenen. Mit den erhobenen Daten haben Ran et al (139) untersucht, inwieweit sich ein Zusammenhang zwischen Süßstoffkonsum und der Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer chronischen Nierenerkrankung (CKD) mit samt Auswirkungen auf die Nierenfunktion herstellen lässt. Nach Abschluss der Erhebung konnte kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen dem Verzehr künstlicher Süßstoffe und dem CKD-Risiko ermittelt werden. Lediglich dem Zusatz künstlicher Süßstoffe zu Kaffee konnte man eine geringe Reduzierung des Albumin-Kreatinin-Verhältnisses im Urin nachweisen über deren tatsächliche Relevanz man sich im Unklaren ist.
Süßstoff und kardiovaskuläres Risiko
Seit einiger Zeit beginnt sich die Wissenschaft auf mit dem Einfluss von Süßstoffen auf die kardiovaskuläre Gesundheit zu befassen. So geschehen bei Debras et al (104) in einer populationsbasierten prospektiven Kohortenstudie mit 103388 Teilnehmern aus der französischen Umgebung. Die Forscher stellen mit dem Gesamtverzehr von Süßstoffen (Aspartam, Acesulfam-K, und Sucralose) ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen fest. In der Arbeit wurden spezifische Ereignisse und Zusammenhänge zu einzelnen Süßstoff-Varianten spezifiziert. Die beobachtende Studie von Sun et al (136) weist mit dem Konsum von mehr als 2 Liter künstlich gesüßter Getränke pro Woche ein um 20% erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern nach. 10% erhöht sich das Risiko wenn man mehr als 2 Liter pro Woche zuckergesüßte Getränke konsumiert und 8% kann sich das Risiko verringern, wenn man man wöchentlich höchstens 1l Fruchtsaft zu sich nimmt. An die Beobachtungen sind etliche andere Lifestyle-Variablen geknüpft wie beispielsweise Rauchen aber auch das Geschlecht und der vorherrschende BMI.
Wie bei epidemiologischen Untersuchungen üblich, wurden die Daten via Fragebögen nach vorheriger Unterweisung von den Probanden erhoben. Zwar wurden die Ergebnisse mit einigen Ernährungs- und Lebensstilfaktoren bereinigt, die Art der Untersuchung macht es dennoch unmöglich Kausalität nachzuweisen, weshalb man hier auf weiterführende Forschung angewiesen ist.
Eine Übersichtsarbeit von Girigosavi et al (137) wertete 12 Studien aus und stellte einen positiven Zusammenhang zwischen dem Konsum von Süßstoffen und Schlaganfällen, insbesondere ischämischen Schlaganfällen fest. Erhöhtes Risiko ließe sich vor allen bei Frauen und in der schwarzen Bevölkerung nachweisen. Die Forscher geben zu bedenken das die derzeitige Literatur eine gewisse Variabilität aufweist und weiterführende Studien einerseits Störfaktoren ausschließen und andererseits die zugrundeliegenden Mechanismen erörtern müssen.
Süßstoff und die DNA
Eine Studie (110) befasst sich mit den toxikologischen Eigenschaften des Sucralose-Metaboliten Sucralose-6-Acetat und Sucralose. Die Forscher stellten fest, dass Sucralose-6-Acetat die Expression von Genen erhöhte, die Entzündung und oxidativen Stress auslösen. Daneben kam es auch zur Expression des MT1 Gens, welches man mit der Entstehung von Leber-Krebs assoziiert. Acht verschiedene in vitro Experimente wurden durchgeführt, d.h. Ergebnisse stammen zunächst aus dem Zellversuch und nicht aus Untersuchungen an/mit Menschen. Die verwendeten Zellen wurden einer Konzentration von 2000 – 4000 mcg Sucralose und Sucralose-6-Acetat ausgesetzt. Die geringste Dosis, mit der man eine DNA-Schädigung nachweisen konnte, waren 994mcg/ml.
Es hatte den Anschein, als entspräche diese Menge einer gewöhnlichen Menge an Sucralose, wie man sie auch mit künstlich gesüßten Getränken aufnimmt, allerdings wurde ein Detail übersehen. Ein Großteil an Sucralose die wir zu uns nehmen, wird über Fäkalien ausgeschieden. Die Menge an Sucralose die sich nach einem Diät-Getränk im Blut nachweisen lässt wurde in einer anderen Studie (111) untersucht. Mit 250mg Sucralose (in etwa 4 Diät Getränke) lagen die höchsten gemessenen Blutkonzentrationen bei 2000 – 4000 ng/ml. Wenn also 4 Diät-Getränke für eine Erhöhung der Sucralose-Konzentration auf 2000 – 4000ng/ml sorgen, müsste man mindestens 8000 Diät-Getränke zu sich nehmen, um die Bedingungen zu erfüllen, wie sie in oben genannter Studie an der Zellkultur hergestellt wurden.
Es zeigt sich, dass man bei Süßstoff Studien ganz genau hinsehen muss, um die praktische Relevanz ableiten zu können. Für den üblichen Verzehr von Sucralose und eine DNA-Schädigung kann man, abgeleitet aus dieser Studie, vorerst Entwarnung geben.
Erythrit – Was ist mit Zuckeralkoholen?
Wenn man über Süßstoffe schreibt, muss man genau genommen auch ein Wort über Zuckeralkohole verlieren. Einer der hierzulange „beliebtesten“ Vertreter ist Erythrit. Da es den Rahmen dieses schwerpunktmäßig auf klassische Süßstoffe bezogenen Beitrags sprengen würde, folgt an dieser Stelle nur der Verweis samt Verlinkung zu einem gesonderten Beitrag, der sich ausschließlich mit der bestehenden Datenlage zu diesem Polyol befasst.
Resümee
Folgende Highlights lassen sich nach Sichtung der vorhandenen Literatur ableiten:
- Wenn von Süßstoffen die Rede ist, bedarf es immer einer differenzierteren Betrachtungsweise. Einzelne Vertreter unterscheiden sich nicht nur in deren Süßkraft, sondern auch in deren Verstoffwechslung und in deren Wirkung
- Effekte von Süßstoffen auf die Körpergewichtsentwicklung gelten als nicht eindeutig beleg. Auch bestehen größere Unterschiede zwischen den einzelnen Süßstoff-Varianten. Wenngleich nicht alle Studien von Vorteilen berichten, fehlen Daten die mit Verwendung von Süßstoffen anstelle von Zucker einen signifikanten Anstieg des Körpergewichts feststellen. Weitere Studien sind erforderlich!
- Süßstoffe stimulieren nicht auf dieselbe Art und Weise wie Zucker das Belohnungssystem und hierüber auch nicht auf dieselbe Art und Weise das Appetitverhalten
- Zucker durch Süßstoffe zu ersetzen spart insgesamt Kalorien
- Stimulierende Effekte von Süßstoffen auf die Bildung von Fettzellen beim Menschen gelten als unzureichend untersucht. Weitere Studien sind erforderlich!
- Einige Süßstoff-Varianten können die Darmflora verändern. Die jeweilig verabreichte Menge gilt dabei als wichtiger Faktor. Inwieweit Veränderungen relevante positive oder negative Effekte am Menschen vermitteln bleibt abzuwarten. Weitere Studien sind erforderlich!
- Süßstoffe beeinflussen das Blutzuckerverhalten insgesamt merklich weniger als Zucker
- Süßstoffe beeinflussen das Insulinaufkommen nicht signifikant
- Inwieweit sich Süßstoffe in üblichen Mengen auf entzündliche Prozesse, Insulinresistenz und dem zur Folge auf das Diabetes Typ II Risiko auswirken gilt derzeit noch als nicht hinreichend untersucht. Weitere Studien sind erforderlich!
Sportlicher Gruß
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Quellen:
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